Sonntag, 9. September 2018

Familiär Orientierte Kleingruppen

Ahoi meine Lieben!
Da ich weiß, dass sich hier unter euch treuen Lesern der ein oder andere Pädagoge / die ein oder andere Pädagogin befindet, dachte ich mir heute ich zeige euch mal etwas ganz Interessantes:

Für die meisten ist ja ein "Erzieher" eh direkt ein "Kindergärtner / eine Kindergärtnerin"
und einige, die sich etwas mehr auskennen, die wissen, dass man als Erzieher auch in der Jugendhilfe arbeiten kann, zum Beispiel in Wohngruppen und ähnlichem.
Ich für meinen Teil arbeite ja in einer Tagesgruppe mit heilpädagogischem Ansatz, was ja auch noch mal etwas ganz anderes ist.

Aber es gibt tatsächlich auch einen Bereich der Arbeit, der noch gar nicht so verbreitet ist bzw. von dem die wenigsten etwas wissen.
Nämlich die Familiär Orientierten Kleingruppen!
Die meisten stehen bei der Betitelung bestimmt genau so schlau davor, wie ich...ich wusste nämlich so gar nichts damit anzufangen. :D

Also, was kann man sich denn darunter nun eigentlich vorstellen und wieso finde ich das so interessant, dass ich hier darüber berichten möchte?

Ich fange einfach mal ganz von vorne an:
Ich arbeite bei dem JugendhilfeNetzwerk Nord-Ost und über diesen Träger gibt es mega viele verschiedene Einrichtungen.
Und unter anderem gibt es diese Familiär Orientierten Kleingruppen, von denen ich vor noch gar nicht so langer Zeit mal Näheres erfahren habe.
In so einer Art von Gruppe lebt man als "richtige Familie" mit den Kindern/Jugendlichen zusammen in einem Haus. Die Kinder gehen nicht etwa abends wieder nach Hause und man selbst als Erzieher wechselt sich auch nicht nach Schichtplan ab, sondern es ist eine fest bestehende Gruppe.

Jetzt mögen einige von euch sicher denken:
"Was? Niemals Feierabend? Was ist mit meiner Freizeit?"
Also, das war um ehrlich zu sein auch mein erster Gedanke, aber ich kann von Glück sagen, dass ich direkt aufgeklärt wurde!

Dieses Modell ist so ziemlich die beste Möglichkeit für so viele Kinder und Jugendliche, die aus schwierigen Familienverhältnissen kommen, eine richtige Grundlage/einen festen Halt
zu erlangen.
Natürlich bekommen sie das auch in Regelgruppen, also da, wo sich immer ErzieherInnen im Dienst abwechseln. Aber wenn diese Erzieher einfach immer da sind, dann kann die Bindung zu den Kindern und Jugendlichen viel intensiver aufgebaut werden und die meisten negativen Verhaltensmuster können so um ein vielfaches schneller und beständiger bearbeitet werden.

Das macht halt alles total Sinn, wie ich finde, und hat deswegen total mein Interesse geweckt!
Also habe ich mich direkt etwas informiert.
Beim JugendhilfeNetzwerk Nord-Ost ist das so, dass man, wenn man sich dazu entschieden hat in einer Familiär Orientierten Kleingruppe arbeiten zu wollen, entweder ein Haus von der Einrichtung zur Verfügung gestellt bekommt, oder man selbst ein Haus vorstellen kann und (wenn es den Bedingungen entspricht) dann von der Einrichtung finanziert wird.
Das ist schon mal ziemlich cool, wie ich finde!
Das Gehalt hängt dann natürlich davon ab, wie viele Kinder man bei sich aufnimmt.

Weil ich das Konzept so besonders fand, und das gar nicht verstehen konnte, wieso das noch nicht so verbreitet ist (obwohl so viele Möglichkeiten bei meinem Träger offen sind) bin ich einfach mal zu solch einer Familiär Orientierten Kleingruppe hingefahren, um ein paar nähere Infos zu bekommen!






Also natürlich bin ich nicht einfach hingefahren, das klang vielleicht etwas seltsam haha :D
Ich habe die netten Damen des Hauses mal gefragt, und durfte mal vorbei schauen!

Als erstes hat mich ja interessiert, wie denn so ein ganz normaler Tag bei denen aussieht, und ich war überrascht wie normal alles tatsächlich abläuft, halt wie in einer richtigen Familie!
Um 6:15 Uhr wird gemeinsam gefrühstückt und danach gehen alle Kinder in die Schule.
Während die Kinder dann nicht zu Hause sind ist Zeit um sich um Papierkram, wie zum Beispiel die Berichte, zu kümmern. Abends wird dann auf Wunsch der Kinder gemeinsam warm gegessen.
(Dass die Kinder sich das selber gewünscht haben, und dass dann auch umgesetzt wird, spricht wie ich finde absolut für sich)
Einmal in der Woche wird dann mit allen ein Gruppengespräch geführt, wo dann alles besprochen wird, was so anliegt.
Die Kinder sind dann nachmittags noch ganz unterschiedlich verteilt in verschiedene Vereine wie z.B. bei den Pfadfindern und beim Tanzen.
In dem Haus leben aktuell übrigens 5 Kinder, das ist auch die maximale Anzahl, die genehmigt wird. Die minimale ist übrigens 1 Kind!

Da alles so, wie auch in anderen Familien ist, werden auch gemeinsame Urlaube unternommen, bei denen (für alle Beteiligten hier selbstverständlich) die Kinder mitbestimmen.
Aber abgesehen davon werden auch immer mal wieder zwischendurch Tagestrips gemacht, z.B. nach Dänemark oder Berlin oder so.
Die Betreuer bekommen im übrigen, und das ist extrem cool für beide Parteien, jedes Jahr einen bestimmten Satz an Geld, damit die Kinder innerhalb der Ferien für eine bestimmte Zeit an beispielsweise Ferienlagern oder ähnlichem teilnehmen können.
In der Zwischenzeit ist dann für die Betreuer so gesehen "Urlaub", wo sie dann auch wirklich ganz ohne Kinder sind!
Was mich in dem Zusammenhang total interessiert hat war, wie das zum Beispiel an Weihnachten gemacht wird. Aber auch das wird gemeinsam genau dort in dem Haus mit allen Beteiligten gefeiert, sehr schön!

Die Kinder in der Gruppe, die ich jetzt besucht hatte, haben in der Regel wenig Kontakt zu ihren Eltern und der Austausch besteht hauptsächlich zwischen ihnen und der Gruppe.
Also in diesem Fall keine sehr große Elternarbeit, wie zum Beispiel bei mir in der Tagesgruppe.

Da ich von Natur aus ziemlich neugierig bin, musste ich natürlich bei einigen Sachen noch mal etwas nachbohren..
Zum Beispiel wollte ich unbedingt wissen, wie das so mit dem Freundeskreis aussieht, oder der eigenen Familie. Es könnte ja auch sein, dass einige von diesen "fremden" Kindern abgeschreckt sind und der Kontakt darunter leidet. Aber das hörte sich in diesem Fall gar nicht so an, wenn Freunde und Familie besucht werden, dann werden die Kinder auch einfach mitgenommen und es besteht für niemanden ein Problem. Die gehören einfach dazu, das ist das, was es ausmacht!

Und wie ist das eigentlich, wenn man sich "so viele Kinder" ins Haus holt..will man dann eigentlich auch noch eigene Kinder?
Das "Ja!" kam wie aus der Pistole geschossen. Es gab aus den ganzen Erfahrungen mit den Kindern, und wie schnell sie sich alle entwickeln, überhaupt keine Bedenken seine eigenen Kinder parallel mit aufzuziehen.

Das alles, die Atmosphäre, die Kinder und die Betreuer, die ich kennen lernen durfte, hat mir nur meinen Eindruck bestätigt.
Ich kann mir so gut vorstellen, dass wenn mehr von diesen Gruppen erfahren würden, dass sicher auch mehr Interessenten aufkommen würden. Deswegen wollte ich meine Begeisterung hier mit euch teilen!
Ich durfte auch ein paar Fotos machen von der Gruppe. Guckt mal, wie gemütlich das alles aussieht dort:


Das hier ist ein Aufenthaltsbereich, wo schön Nachmittags gechillt werden kann.


Der mega coole Esstisch, an dem gegessen, gespielt und gequatscht wird.


Mit der Einrichtung haben die beiden Mädels sich wirklich selbst übertroffen!


Hier die Küche!


Hier durfte ich mal in eins der Kinderzimmer reinluschern!


Das hier ist der private Bereich von den beiden Betreuerinnen!
Krass gemütlich, oder?


Und draußen gibt es auch noch einen recht großen Gartenbereich, sogar mit einer kleinen überdachten "Hütte", wo man Feste feiern, oder einfach entspannen kann.

Vielleicht ist ja gerade jemand dabei, der das hier alles liest und sich denkt:
"Mensch, das ist ja wie für mich geschaffen!"
Denn ich hoffe sehr, dass es in Zukunft noch viele weitere solche Gruppen geben wird!
Wenn das der Fall sein sollte, dann meldet euch doch einfach direkt bei

info@netzwerk-nord-ost.de

xoxo



2 Kommentare:

  1. Also hat man wirklich nie Feierabend bis auf 1-2 mal Ferienlager im Jahr? o.o omg das wär mir zu heftig... da bleib ich lieber bei meiner 30h stelle im betreuten wohnen :D

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  2. Ich habe eine ganze Zeit als Erzieherin gearbeitet. Es gibt natürlich super Arbeitsplätze dass will ich garnicht verleugnen. Aber im großen und ganzen steht hinter Pädagogik auch nichts weiter als reine Wirtschaft. Das musste ich am eigenen Leib spüren.
    Das beste was man in dieser Branche machen kann ist sich den passensten Arbeitsplatz zu suchen und sein Privat Leben blos nicht in den Hintergrund zu stellen.
    Den letztendlich sind wir Erzieher für die Einrichtung nichts weiter als Arbeitskräfte die Geld erwirtschaften. So ist es leider in allen Sozialen Bereichen.

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